Chlorgas – dafür braucht es Profis
100 Spezialkräfte trainieren im Freibad Viechtach den Ernstfall
Aus dem ganzen Landkreis eilten am Samstagvormittag Feuerwehren mit 16 Fahrzeugen nach Viechtach. Ihr Ziel war das Freibad. Der Anlass war eine Übung der Arbeitsgemeinschaft Gefahrgut im Lkr. Regen. Als Ursache wurde angenommen, dass eine Chlorflasche beim Wechsel undicht geworden ist und in der Folge das giftige Gas ausströmt.
Diese Situation stellt in den Bädern eine realistische Situation dar. Das Chlorgas muss zur Desinfektion des Wassers in öffentlichen Bädern dem Zufluss beigemischt werden. Ein Hautkontakt mit der konzentrierten Säure führt zu Verätzungen. Besonders schlimme Verwundungen sind aus dem 1.Weltkrieg bekannt, in dem sich die Kriegsgegner mit diesem Gas bekämpften.
Freibad Viechtach braucht 30 Flaschen pro Saison
In den Bädern sind Impfungen des beckeneinströmenden Wassers in der Größe von 0,30 bis 0,45 Milligramm pro Liter Wasser vorgeschrieben. Diese Technik hat sich jahrzehntelang bewährt und ist vollständig erprobt. Unfälle kommen ganz selten vor. Die Zugabe geschieht in den Bädern vollautomatisch, in Viechtach im Technikraum. Dorthin führt von der Gasanlage beim Freibadhaupteingang die ständig durch Messungen überwachte Leitung. Auch die Zusammensetzung der Luft in diesem Raum wird konstant überprüft und bei erhöhter Chlorkonzentration sofort Alarm ausgelöst .
Die Viechtacher verbrauchen im Freibad etwa 30 Flaschen pro Saison. Nur wenn beim Transport oder Anschluss der Flaschen nicht fachgerecht gearbeitet wird, besteht eine große Gefahr. Im Viechtacher Freibad gab es in den 62 Jahren des Bestehens noch keine solche Situation, was für den sorgfältigen Umgang der Mitarbeiter mit dem Chlorgas spricht.
Trotzdem wählte der Kommandant der Viechtacher Wehr Christian Benz diesen Ort für die Übung. Nach dem Eintreffen und der Bekanntgabe der örtlichen Begebenheiten machten sich die Einsatzkräfte sofort an die Arbeit. Sie zogen technische Ganzkörper-Schutzanzüge mit Atemgeräte an, durchsuchten so bekleidet die Innenräume des Freibades nach Badegästen und bauten im Außenbereich Zelte auf, um nach den Einsätzen die Anzüge abduschen zu können.
Behälter für belastetes Wasser
Für das kontaminierte Wasser wurden Behälter bereitgestellt. Große Lüfter sorgten für großvolumigen Luftaustausch im Gebäude. Die Unterstützungsgruppe der örtlichen Leitung begann mit dem Dokumentieren des Einsatzes und die Wehren aus Arnetsried und Achslach untersuchten im Umfeld die Luftzusammensetzung. Außerdem hatten sie die Aufgabe in betroffenen Gebieten die Bewohner zum Schließen von Türen und Fenster aufzufordern. Anwesend waren auch die Mitarbeiter des Freibades mit Betriebsleiterin Anna Schräml.
In einer realen Situation gehen sie nach einem Alarmplan vor. Die Anwesenheit von in Spitzenzeiten etwa 2.000 Badegästen, der intensive Verkehr an der Anliegerstraße zum und vom Freibad erfordert eine vollständige Räumung des Geländes. Dazu werden die Badegäste über den Stockplatz in Richtung Riedmühle evakuiert.
Zur Abschlussbesprechung trafen sich die etwa 100 Einsatzkräfte am Stockschießplatz. Thomas Penzkofer moderierte und zeigte sich insgesamt zufrieden mit dem Ablauf. Auch die Führungskräfte erläuterten ihre Sicht des Geschehens, brachten einige Ungereimtheiten zur Sprache und dankten generell für die gezeigte Einsatzbereitschaft am Samstag. Bürgermeister Franz Wittmann lobte die Einsatzkräfte für die große Bereitschaft zum Helfen, wobei hier das Üben eine wichtige Voraussetzung darstelle. Bei einer Brotzeit, von der Stadt Viechtach finanziert, entwickelten sich noch gute Gespräche über den Umgang mit gefährlichen Gütern.
Die beteiligten Wehren kamen mit 16 Fahrzeugen aus Achslach, Arnetsried, Pirka, Regen, Schlatzendorf, Teisnach, Viechtach und Zwiesel. Die Unterstützungsgruppe der örtlichen Einsatzleitung dokumentierte den Ablauf und die Konzentration. Als Führungskräfte waren dabei: Kreisbrandinspektor Christian Stiedl und die Brandmeister Thomas Penzkofer, Christian Benz, Marco Dietl und Josef Eberl.
Bilder & Bericht: PNP – 01.10.2023