Wer hilft nach schlimmen Einsätzen?

15. Juni 2022
Aktion
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Deutscher Feuerwehrverband: Stiftung „Hilfe für Helfer“
https://www.feuerwehrverband.de/dfv/hfh-vorstellung/


BRK: Psychosoziale Notfallversorgung
https://www.brk.de/bereitschaften/fachdienste-der-brk-bereitschaften/psychosoziale-notfallversorgung.html



Bub (13) von Lkw tödlich erfasst


Der tödliche Unfall vom Dienstag ist für alle Beteiligten schwer zu verarbeiten.
Wer hilft dabei?


Kriseninterventionsteam muss schlimme Nachricht überbringen

Um die Eltern des verunglückten Buben kümmerten sich noch an der Einsatzstelle das Kriseninterventionsteam des BRK-Kreisverbandes. Über den Einsatzleiter vor Ort werde ein Alarm ausgelöst und dann melden sich die ehrenamtlichen Teammitglieder, die zeitlich und örtlich verfügbar sind. Sie eilten nach Kirchaitnach und mussten zunächst, zusammen mit einer ebenfalls für die Angehörigenbetreuung ausgebildeten Polizeibeamtin der Inspektion Viechtach, den bangenden und hoffenden Eltern die Nachricht überbringen, dass dem Kind nicht mehr zu helfen war. Deren Reaktion ging allen Anwesenden am Einsatzort sehr nahe.

Über den jeweiligen Einzelfall dürfen und wollen die KIT-Kräfte nicht sprechen, aber grundsätzlich hören sie zunächst zu und achten auf die Reaktionen der Betroffenen. Wichtig sei auch das Abschiednehmen am Unfallort, damit die Eltern das Geschehen trotz des Schocks irgendwann fassen können. Die BRK-Mitarbeiterin: "Es gibt kein festes Schema bei so einem Einsatz, wir reagieren auf die Situation."


Dreistufiger Hilfeplan für belastende Vorfälle

Sie selbst und ihre Kollegen seien für solche Tragödien geschult und helfen sich gegenseitig beim Verarbeiten. Sollte sie das Erlebte selbst über Gebühr belasten, können sie eine "Supervision" bei einer Psychologin in Anspruch nehmen.

Oft die Ersten am Einsatzort sind die ebenfalls ehrenamtlichen Feuerwehrleute. Pressesprecher Johann Achatz nennt einen dreistufigen Hilfeplan für belastende Vorfälle. Zunächst werde jeder Einsatz im Gerätehaus nachbesprochen. Die Kommandanten seien aufgerufen, genau auf die Reaktion ihrer Leute zu achten. Achatz: "Es gilt der Grundsatz: Keiner wird alleingelassen." Als nächste Stufe kann Feuerwehr-Seelsorger Sepp Schlecht aus Bodenmais hinzugezogen werden, der die Frauen und Männer zusätzlich betreuen könnte. Schließlich würden die Einsatzkräfte bei besonders belastenden oder hartnäckigen Traumata zum Hausarzt geschickt, damit dieser per Überweisung psychologische Hilfe veranlasst.


Schlimme Bilder und Erlebnisse treten mit Verzögerung auf

Kreisbrandmeister Thomas Penzkofer, der am Dienstag ebenfalls auf der Anhöhe bei Hilb im Einsatz war: "Wir passen sehr darauf auf, wie es unseren Leuten geht, während und auch nach den Einsätzen." Im akuten Geschehen "funktioniert man", das erlernte Fachwissen werde abgearbeitet. Schlimme Bilder und Erlebnisse würden oft erst mit Verzögerung auftreten, weshalb die Führungskräfte der Feuerwehr ihre Kameradinnen und Kameraden stets genau im Blick hätten. Daher sei die Einsatznachbereitung im Gerätehaus so wichtig, weil oft erst beim Bier oder Spezi danach das Ausmaß der Belastung spürbar werde. KBM Penzkofer aus Viechtach verweist zudem darauf, dass über den Kreisfeuerwehrverband geschulte Leute bereitstünden, die man in solchen Fällen anfordern könnte.

Geschulte Leute hat auch die Polizei in ihren Reihen. Wie der Viechtacher Inspektionsleiter Rainer Leutsch auf VBB-Anfrage sagt, sei auf Niederbayern-Ebene eine Gruppe zur Betreuung von Angehörigen aufgestellt worden, die in Fällen wie am Dienstag alarmiert würde. Eine Beamtin kommt auch von der Polizeiinspektion Viechtach, die sich umgehend um Mutter und Vater des verunglückten Urlauberkindes kümmerte. Leutsch: "Sie war auch am Tag danach bei den Eltern."


Polizei-Betreuungsgruppe leistet psychologische Hilfe

Auch die eingesetzten Polizisten, die als Erste an der Unfallstelle eintrafen, haben psychologische Hilfe in Anspruch genommen. Dafür gebe es ebenfalls geschulte Leute auf Ebene des Polizeipräsidiums Niederbayern, berichtet der Viechtacher Polizeichef. Noch am Dienstagnachmittag seien diese Kollegen zur Inspektion in der Mönchshofstraße gekommen und hätten mit den eingesetzten Beamtinnen und Beamten eine Besprechung gehabt.

Keine Information war zum Schicksal des auswärtigen Lkw-Fahrers zu bekommen, der nach Lage der Dinge unverschuldet das Kind überrollt hatte. Der Mann erlitt einen schweren Schock. Wer ihm bei der Trauma-Bewältigung hilft, ist unklar. Zuständig wäre im Rahmen der Fürsorgepflicht der Arbeitgeber, in dessen Auftrag der Fahrer unterwegs war.


Bericht: PNP – 16.06.2022